Sinn-volle Shopper Aktivierung

Multisensorik im Handel

Zwei Sekunden, vielleicht drei. Das ist die Zeitspanne, die wir am POS haben, um die Aufmerksamkeit der Shopper zu wecken. Wenig Zeit, die effizient genutzt werden will. Je mehr Sinne wir dabei ansprechen, desto besser. Was steckt hinter multisensorischem Marketing?

Sehen, hören, schmecken, riechen, fühlen: Die meisten unserer Sinneseindrücke laufen unbewusst und gleichzeitig ab. Je mehr Sinne stimuliert werden, desto intensiver empfinden wir Reize. Das macht das multisensorische Erleben so interessant für das Marketing: Durch das Ansprechen mehrerer Sinne verstärken wir den Markeneindruck. Wir erzeugen Emotionen, die sowohl die Kaufentscheidung als auch die Kundenbindung beeinflussen: Unsere Botschaft fällt stärker auf und bleibt besser im Gedächtnis.

In der Automobilindustrie ist der multisensorische Ansatz schon längst gang und gäbe. Nicht nur Leistung und Preis müssen stimmen. Auch die Form der Karosserie, die Farbe der Lackierung und der Komfort der Innenausstattung spielen eine Rolle. Doch den ultimativen Kick verleiht etwas anderes, nämlich der Sound und der unwiderstehliche Neuwagenduft.

Wie multisensorisch ist der Einzelhandel?

Produkttester in der Parfümerie, lange Aktionstische mit Handys im Elektronikmarkt oder Legeware in einer Boutique – all das zahlt bereits mindestens zweidimensional auf die Multisensorik ein. Im LEH nutzen die Shopper ihre Sinne intuitiv. Sie befühlen das Obst, schnuppern am Brotstand und öffnen schon mal ein Produkt, um Olfaktorik oder Haptik vorwegzunehmen. Handel und Hersteller können das aktiv unterstützen, indem sie auffällige Zweitplatzierungen mit Verkostungen kombinieren, die neben der Optik auch den Geschmacks- als auch den Geruchssinn ansprechen.

Bei unserem Kunden Coffee B spielen wir all das aus. Spontane Assoziation bei Kaffee: Duft und Geschmack. Auf der Roadshow, die gerade im zweiten Jahr in Folge durch ganz Deutschland tourt, spielt auch die Haptik auch eine große Rolle. Die Kunden überzeugen sich von dem angenehmen Handgefühl der Coffee Balls und zerbröseln sie nach Gebrauch eigenhändig, um ein Gefühl für die Kompostierung zu bekommen. Das sinnliche „Be-greifen“ mit dem dazugehörigen Geräusch sorgt für einen bleibenden Eindruck.

Warum reagiert unser Hirn so stark auf Sinneseindrücke?

Dazu haben wir Thomas Ebenfeld befragt. Er ist Psychologe und Experte für tiefenpsychologische Marketingforschung und zudem Mitbegründer der Global Research Boutique concept m. Wir arbeiten häufig in Richtung Konzept-Tests und Marken-Wahrnehmung zusammen.

„Darin stecken oft frühe Kindheitserinnerungen oder Körper-Erinnerungen. Dabei werden über Sinnesorgane aufgenommene Eindrücke im Verbund mit Emotionen und Bewegungsmustern als implizite Gedächtnisinhalte abgespeichert. Sie werden unbewusst wachgerufen und triggern bestimmte positive Gefühle wie beispielsweise Geborgenheit oder gute Laune.

Das ist nicht immer steuerbar, deshalb gibt es auch immer wieder negative Assoziationen und innere Bilder. Dennoch kann man auf Basis dessen Erlebniswelten schaffen, die später nachgespürt oder nachgeschmeckt werden können. Auch nach vielen Jahren sind bestimmte Geschmäcker wie Eiscreme oder bestimmte Konsistenzen oder Gerüche wie bei Babypflege von Penaten oder Bübchen ganz konkret und erlebensnah spürbar.“

Die Stimulation sollte dennoch bedacht dosiert werden. „Der eine liebt intensiven Duft, der andere wird davon eher vertrieben. Ähnlich verhält es sich mit Musik – sie kann beschwingend wirken, aber auch als unangenehm empfunden werden, wenn sie nicht passt.“ Hier heißt es also: Je subtiler, desto besser.

Ausnahme sind Claims oder Jingles. Hier darf es krachen. Wie einprägsam Musik ist, kannst Du selbst kurz testen: Wetten, dass Dir auf Anhieb drei Werbesongs einfallen, die Du singen und der richtigen Marke zuordnen kannst?

Multisensorisches Marketing: Revival oder Trendthema?

Weder noch. Oder: Sowohl als auch. Im Grunde ist das Thema ein Dauerbrenner, wird aber nicht von allen Brands beherzigt. Dabei bekommt die Multisensorik in den Zeiten der Digitalisierung eine neue Berechtigung. Thomas sagt: „Wir erleben in dieser beschleunigten Zeit in vielen Bereichen einen Verlust an ‚Sinnlichkeit‘. Nicht unbedingt an visueller – aber in Bezug auf die übrigen Sinne.

Zunehmend abstrakte Kaufprozesse, gerade im Onlinehandel, werden mit AR-Technologie oder anderen digitalen Tools behandelt, simulieren aber im Grunde nur etwas. Echte Erlebniswelten hingegen erschaffst Du nur multisensorisch, denn hier erlaubst Du mehr Möglichkeiten des Involvements. Du bedienst die Sehnsucht nach Echtem, was wiederum zu einem guten Markenimage und einer besseren Markenbindung führt.“

Das passe auch zum Kontext aktueller Trendbegriffe wie Achtsamkeit und Resonanz. Achtsam zu sein hat mit Sinnlichem zu tun. Denn dahinter steckt der Wunsch, nachzuspüren oder aufzuspüren und somit auch wieder Kontextualität herzustellen.

Unser Fazit

Die perfekte Unique Shopper Experience führt über alle Sinne und Touch Points hinweg. Ohne digitale Ermüdung – mit Mut zur Sinnlichkeit, getreu unserem Motto:
Menschen vergessen vielleicht, was Du ihnen sagst, aber niemals das Gefühl, das Du ihnen vermittelst.

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